Mit Nahrungsmitteln spekuliert man nicht! – Oder  doch?

Kater Kurt erklärt:

Die Spekulation mit Nahrungsmitteln, wie Weizen, steht in der Öffentlichkeit unter großer Kritik. Diese Kritik unterliegt der Ansicht, dass die Spekulation mit Weizen den Preis nach oben treiben würde. Dies ist aber nicht der Fall! Weizenpreise unterliegen sehr starken Schwankungen. Dies veranschaulicht die nachfolgende Grafik. Gezeigt werden die Weizenpreise der vergangenen 19 Jahre in Euro pro Tonne. Deutlich wird, dass der Preis in den vergangenen Jahren in einem Bereich zwischen 100 und 300 € pro Tonne schwankte. Im Frühjahr 2022 konnten aufgrund des Krieges in der Ukraine sogar Preise von über 400 € pro Tonne erzielt werden (Hintergrund).

Weizennotierungen an der Warenterminbörse Euronext im Zeitraum Sept. 2003 bis Juli 2023 in €/t
Quelle: SAXOTRADER

Preisabsicherung
Aufgrund dieser starken Preisschwankungen braucht der landwirtschaftlichen Sektor die Warenterminbörsen als Instrument der Preisabsicherung: Bei der Aussaat weiß der Landwirt noch nicht, welchen Preis er später in der Ernte erzielen wird. Der Produktionszeitraum beträgt aber rund ein Jahr, in dem der Landwirt bereits in Saatgut, Dünger und Diesel investieren muss. An der Warenterminbörse Euronext in Paris wird ein Kontrakt über 50 Tonnen Weizen für die Lieferung in der kommenden Ernte gehandelt. Dies eröffnet dem Landwirt die Möglichkeit sich schon weit im Voraus Verkaufspreise für seine kommende Weizenernte absichern zu können. Auf der anderen Seite stehen Mühlen, die ihren Mehl-Aufkäufer langfristige Mehlkontrakte anbieten wollen. Die Mühlen haben die Möglichkeit sich Einkaufspreise für Weizen an einer Warenterminbörse abzusichern. Beide nutzen die Warenterminbörse zur Preisabsicherung und nicht zur Spekulation.

Spekulanten
Darüber hinaus sind an einer Warenterminbörse auch Spekulanten tätig. Diese kaufen oder verkaufen Weizenkontrakte, je nachdem, ob sie auf steigende oder fallende Kurs setzen. Vom Prinzip wird das erhebliche Preisschwankungsrisiko, das am Weizenmarkt herrscht, von dem Landwirt oder der Mühle auf den Spekulanten übertragen. Die Übertragung des Preisschwankungsrisikos erfolgt also von Personen, die sich das Risiko nicht leisten können oder wollen, auf Spekulanten, die das Risiko suchen. Ein Nebeneffekt: Durch den täglichen Handel von vielen Kontrakten sorgen die Warenterminbörsen für Preistransparenz. Dies hilft den Landwirten, die im Gegensatz zu den großen Handelshäusern keine Abteilung mit Marktexperten unterhalten können.

Marktbeeinflussung schwierig
Fälschlicherweise wird angenommen, dass finanzstarke Investoren die Möglichkeit hätten, den Markt nach oben zu kaufen. Dies ist aber nicht möglich! Man spricht hier davon, dass ein Markt in die Ecke getrieben wird, das sogenannte „Cornering“. In der Historie gab es regelmäßig solche Versuche, die aber immer gescheitert sind! Der wohl bekannteste Versuch, war eine Spekulation mit Silber, den die zwei Brüder Hunt in den 1970er Jahren versuchten. Sie kauften große Mengen Silber und gleichzeitig viele Silber-Kontrakte an der Warenterminbörse. Die Hoffnung der Hunt-Brüder war, dass durch eine künstliche Verknappung des Silbers der Preis langfristig in die Höhe getrieben werden könnte. Dann brach diese Spekulation aber krachend zusammen und die Gebrüder Hunt gingen bankrott (Hintergrund).

Fazit
Die derzeit stark gestiegenen Weizenpreise basieren darauf, dass durch den Ukraine Krieg das weltweite Angebot an Weizen für die nächste Ernte stark begrenzt ist und nicht daran, dass Spekulanten an der Warenterminbörse handeln. Der Agrarsektor braucht die Warenterminbörsen zur Preisabsicherung.